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Zwischen Lachen und Nachwirken – Proben zu "Die richtige Seite"

  • Writer: Miriam Strasser
    Miriam Strasser
  • 13 hours ago
  • 3 min read
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Es gibt Probenprozesse, die begleitet man. Und es gibt solche, die begleiten einen selbst – bis in die Träume hinein. Die richtige Seite gehört für mich eindeutig zur zweiten Kategorie.

Seit Beginn der Proben erlebe ich diesen Prozess als unglaublich intensiv, aufwühlend und fordernd. Es ist ein Stück, das zum Lachen bringt – oft schmerzhaft, manchmal befreiend – und einen im nächsten Moment mit einer Wucht trifft, die noch lange nachhallt.



Zeitgeist, Digitalisierung und alte Wunden


Die Themen, die in Die richtige Seite verhandelt werden, spiegeln einerseits den aktuellen Zeitgeist wider: die Mechanismen sozialer Medien, digitale Echokammern, Algorithmen, die Angst, Hass und Falschinformationen verstärken, und eine gesellschaftliche Spaltung, die längst nicht mehr nur virtuell existiert.

Gleichzeitig bringt dieser Probenprozess für mich sehr persönliche Ebenen an die Oberfläche. Alte Themen aus meiner Kindheit, Jugend und auch noch aus meinen frühen Erwachsenenjahren melden sich zurück – Erfahrungen mit österreichischem Sexismus, Rassismus und tief verankertem Konservatismus. Themen, von denen ich lange dachte, ich hätte sie hinter mir gelassen, indem ich mir meine eigene Blase geschaffen habe.

In der Arbeit an diesem Stück platzt diese Blase immer wieder.



Groteske als Spiegel


Die richtige Seite ist eine dunkelbraune Groteske, inspiriert von Werner Schwabs „Übergewicht, unwichtig: Unform“ und der real existierenden Facebookgruppe „Ich wohne auf der richtigen Seite der Donau (21/22 Bezirk)“ mit über 20.000 Mitgliedern.

In dieser Gruppe – einem digitalen Stammtisch – battlen sich Querdenkerinnen, verlorene Seelen, Trolle und Fakeprofile. Sie bewegen sich zwischen Opferinszenierung und Selbstüberhöhung als vermeintliche Widerstandskämpferinnen gegen ein angeblich jede Freiheit raubendes „System“. Ein System, das je nach Tagesverfassung in der EU, der großen Koalition, dem Great Reset oder ganz allgemein bei „den Linken“ verortet wird.

Regisseur und Autor Bernhard Dechant, seit acht Jahren selbst Mitglied dieser Gruppe, versucht nicht, einfache Antworten zu liefern. Stattdessen stellt das Stück unbequeme Fragen:

  • Kann – und muss – man diese Menschen verstehen?

  • Kann man auf ihre Sorgen und Ängste eingehen, ohne Hass zu relativieren?

  • In welchen Realitäten leben sie – und woraus speisen sich diese?


Die Groteske übersetzt die politisch wirkmächtigen Halluzinationen dieses virtuellen Facebook-Stammtisches in einen ganz realen Raum: das alteingesessene Floridsdorfer Strandgasthaus Birner.


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Proben, die nachwirken


Was mich an diesem Projekt so berührt, ist die Gleichzeitigkeit der Emotionen: Lachen und Weinen liegen oft nur einen Atemzug auseinander. Jede Probe öffnet neue Ebenen – gesellschaftlich, politisch, persönlich. Manche Szenen wirken noch Stunden später nach, andere tauchen nachts in meinen Träumen wieder auf.

Diese Arbeit verlangt viel – aber sie fühlt sich notwendig an. Weil sie hinschaut, wo Wegschauen bequemer wäre. Weil sie Mechanismen offenlegt, die unsere Demokratien ins Wanken bringen können: den Übergang vom digitalen Feudalismus hin zu einem möglichen digitalen Totalitarismus.


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Infos zum Stück


DIE RICHTIGE SEITE

Eine dunkelbraune Groteske


Text & Regie: Bernhard Dechant


Es spielen:Babett Arens, Isabella Knöll, Betty Schwarz, Miriam Strasser, Florentin Groll,Thomas Frank, Johnny Mhanna, Bernhard Dechant, Stefan Bergmann


Bühnenbild & Kostüme: Gudrun Lenk-Wane


Musik: Didi Kern


Premiere: 15.01.2026 Einlass 19:00 Uhr | Beginn 19:30 Uhr


Weitere Vorstellungen:

16.01. / 17.01. / 18.01. / 02.02. / 03.02. / 09.03. / 10.03. / 23.03. / 24.03.2026


Ort: Gasthaus Birner1210 Wien, An der Oberen Alten Donau 47


Eintritt:€ 25,-- | erm. € 15,-- (Studierende & Mobilpass Wien)




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Fotos von den Proben im Kultur Anker Zentrum Schlingermarkt


 
 
 
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